Es begann 1976 mit einer Wochenschau auf 16 mm-Film

Die Entstehung des Medienarchivs in Bielefeld ist eine von diesen Geschichten, die von persönlicher Leidenschaft und beharrlichem Engagement für eine Sache erzählen. Weil es sehr unterhaltsam ist - die etwas ausführlichere Version:



Bereits 1975, im Alter von 15 Jahren, gründete Frank Becker an der Brackweder Realschule einen Schulfilmclub, den er bis zu seiner Schulentlassung erfolgreich betrieb. In dieser Zeit kam er in Kontakt zur Schmalfilmabteilung der 20th Century-Fox of Germany GmbH, die ihm die ersten 16 mm-Wochenschauen zum Preis von DM 10,00/Stück überlies.

Frank Beckers erster Film im Archiv

Er kaufte den stummen 16 mm-Schulfilmprojektor Siemens 2000, stattete ihn mit einem Tonteil und Verstärker aus und war so in der Lage, im Kinderzimmer die erhaltenen Filme anzuschauen. In der Schule fand er in einer Kammer einen seit 25 Jahren gesuchten 16 mm-Film mit lokaler Bedeutung (800-Jahrfeier Brackwedes 1951) , den er in öffentlicher Aufführung im Rathaussaal 1976 zeigte.

1976: Wolfgang Hünneke | Heinrich Niewöhner | Frank Becker (v.l.)

Durch die Presseberichterstattung bekam er einen weiteren lokalen Film, jedoch im 35 mm-Format. Da er sich damit nicht auskannte, suche er den Kontakt zu den Bielefelder Kinos, wo ihm bereitwillig geholfen wurde. Die Atmosphäre und die Arbeit eines Filmvorführers inspirierten ihn so sehr, dass er von 1976-1979 als Aushilfsfilmvorführer in den Bielefelder Rothschild-Filmtheaterbetrieben tätig war.

1976: Die ersten 16 mm-Filme

Er wurde Spezialist für Urlaubsvertretungen, Sonderveranstaltungen für ausländische Mitbürger, sowie Nachtveranstaltungen bis 2 Uhr morgens.

1978 lernte er Horst Rademacher, Disponent der „Fox tönenden Wochenschau“ kennen, der fortan aktuelle Wochenschauen, sowie komplette Spielfilme für das Archiv zur Verfügung stellte.

1976: Gloria-Theater Bielefeld

Während seiner anschließenden Ausbildung zum Industriekaufmann im grafischen Gewerbe bei der Firma Richard Dohse & Sohn trat er 1981 in Kontakt zur einzigen Bielefelder Filmgesellschaft, der Mercator-Film GmbH. Durch gesteigertes Interesse und aus den Einkünften seines Lehrlingsgehaltes gelang es über die Firmeninhaber Bodo & Dieter Gaus erstes, umfassendes Filmmaterial anzukaufen, wobei er durch deren Unterstützung Kontakte zu weiteren Filmgesellschaften in ganz Deutschland erlangte. Während seiner nebenberuflichen Tätigkeit für die Mercator-Film GmbH von 1981-1991 übernahm er den Archivbestand der Firma, sowie ein komplettes Konvolut der dort lagernden „Ufa-Wochenschau“ aus den Jahren 1965-1967.

 

Frank Beckers Arbeitspaltz bei "Mercator-Film"

Ein Lehrling arbeitet sich in die Welt der Filmverleiher ein

1991 baute Frank Becker im elterlichen Haus das „Studio am Mauseteich“, ein Produktionsstudio für 16 + 35 mm-Film, sowie für Hörfunksendungen. Zwischenzeitlich hatte er mehrere Filmdokumentationen gedreht und produziert, wie „Brackwede live“ (1989), Kirchenbrand und Wiederaufbau (1990-1992), „Deutsche Mark“ (1992), sowie in der Folgezeit über weitere 50 Filme. Während seiner beruflichen Selbstständigkeit ab 1992 als Inhaber der 100-jährigen Firma „Papier-Bröker“ (gegr. 1901) wurde das Filmarchiv, sowie der Bestand an technischen Gerätschaften im professionellen Film/Kino-und Rundfunkbereich weiter auf- und ausgebaut.

 

Im Jahr 1998 gründete er das „Melodie-Filmtheater“ in Bielefeld-Brackwede mit 629 Sitzpläzen, 2000 das „Rhythmus-Filmtheater“ in Schloß Holte-Stukenbrock mit 250 Sitzplätzen , sowie 2003 das „Odins-Filmtheater“ in Bad Lippspringe mit 100 Sitzplätzen. Zum Betrieb dieser Filmtheater konnte er Bürger der jeweiligen Gemeinde für die ehrenamtliche Arbeit gewinnen, sodaß über 60 Personen in verschiedenen Teams wöchentlich das Filmprogramm mit aktuellen Filmen in drei Städten zeigen und dadurch das Kulturleben der Orte bereichern.

 

Zwischenzeitlich haben über 80.000 Besucher die Kinos in den regelmäßigen Vorstellungen besucht, dazu noch tausende Besucher in Sondervorstellungen.

 

Bewahrung einzigartiger Zeugnisse der Filmgeschichte

Fachmännische Filmrestaurierungen von Filmmaterialien, die seit Jahrzehnten als verschollen und unwiederbringlich verloren galten, bringen einen weiteren Aspekt in die Sammlung.

 

So sind z. B. die Film „Ferientage auf Amrum“ (1925, 43 Minuten), die „Kreutzersonate“ (1927), sowie „Der Geisterzug“ (1927) durch Beckers handwerkliche Fähigkeiten und umfassendes Wissen der Materialkunde heute wieder der Öffentlichkeit zugängig und werden durch ihn vermarktet. In enger Zusammenarbeit mit dem Bundesarchiv Berlin (ehemals Koblenz) sind zahllose unwiederbringlich Zeugnisse der Filmgeschichte wieder verfügbar, zu Beispiel der erste Tonfilm-Trailer „Die zärtlichen Verwandten“ (1930), bisher fehlende Stummfilmfragment aus nicht mehr existenten Spielfilmen, sowie bisher unbekannte Wochenschau-Sujets.

Eine der größten Filmsammlungen in Deutschland entsteht

Kleberei der DEUTSCHEN WOCHENSCHAU GmbH

Die auf über 100.000 Rollen angewachsene Sammlung beinhaltet unter anderem:

3.800 Wochenschauen der Marken

  • „Fox tönende Wochenschau“
  • „Ufa-Wochenschau“
  • „Blick in die Welt“
  • „Welt in Film“
  • „Welt im Bild“
  • „Deutsche Wochenschau“ (vor 1945)
  • „Neue deutsche Wochenschau“
  • „Zeit unter der Lupe“
  • „Der Augenzeuge“
  • „MGM News“

Zum Bestand gehört u.a. auch die erste Tonwochenschau von 1930, sowie zahlreiche Stummfilm-Wochenschauen ab 1912.

 

Desweiteren:

 

-       ca. 8.000 Spielfilme und Dokumentationen von 1930 bis Aktuell

-       30 restaurierte Stummfilme vor 1929

-       5.590 Trailer zu Spielfilmen

-       274 Sonderfilme oder unbekanntes Material

-       Nachlass des Filmproduzenten Tom Winkler (nicht gesichtet)

-       Nachlass der „FWT-Filmproduktion“, Bielefeld (nicht gesichtet)

-       Nachlass des Filmproduzenten „Lohhöfener“, Bielefeld

-       Nachlass Surenhöfer, Gütersloh

-       Nachlass Richard Dohse und Fam. Dornbusch

-       Nachlass Wolfgang Schneider, Wolfsburg

-       Nachlass diverser Privatpersonen

-       Archiv „Mercator-Film“, Bielefeld

-       Archiv „CCC-Film, Arthur Brauner”, Berlin

-       Archiv „Knipp-Film“, Berg

-       Archiv „AB-Film H.G. Schweikart“, Franfurt

-       Archiv „Avis-Film“, Düsseldorf

-       Archiv „Tobis-Film“, Berlin

-       Archiv „Kristall-Film“, Düsseldorf

-       Archiv „Constantin-Film“, München (vor 1980)

-       Komplettbestand „Deutscher evangel. Kirchentag“, Fulda ab 1950

-       Doubletten des Werksarchivs „Dr. Oetker“, Bielefeld

-       Bestand der „Medienzentrale Berlin-Brandenburg“

-       Bestand der „Medienzentrale Niedersachsen“, Hameln

-       Bestand des „Pädagogischen Instituts der ev. Kirche“, Schwerte

-       Bestand der „Zentralbildkammer“, Witten

-       Bestand des „Evang. Presseverband der ev. Kirche“, Bielefeld

 

Filmplakate, Fotosätze, Werberatschlägen füllen große Lagerflächen

 

Der Bestand an Presse-und Werbematerialien zu zehntausenden von Filmen befindet sich in einem geordneten und sortierten Zustand, welcher aber aufgrund der Menge nicht verzeichnet werden konnte.

 

Partnerschaft mit führenden Filmarchiven und Filmmuseen

Aus dem Bestand des Filmarchiv werden wöchentlich bundesdeutsche Filmmuseen (Filmmuseum Düsseldorf, Filmmuseum, Frankfurt, Filmmuseum München, Metropolis Hamburg, Zeughauskino des Deutschen historischen Museums, Berlin) und Kinos mit Sonderprogrammen, sowie Fernsehanstalten (NDR, WDR, RTL) und DVD-Produzenten beliefert. Auch Rechteinhaber wie Beta-Film, München, die über Urheberrechte zu Filmen verfügen, jedoch nicht das Material besitzen, zählen zum Kundenkreis.

 

Die Digitalisierung und damit zeitgemäße Nutzbarmachung der Filmmaterialen wird von zahlreichen Privatpersonen, Firmen (Firmenarchiv Dr. A. Oetker) und Organisationen beauftragt.

Zusammenarbeiten finden im archivarischen Bereich mit dem Landschaftsverband Westfalen, Münster, Organisationen christlicher Kirchen, sowie Werksarchiven und Rundfunkanstalten statt.

 

Bundesweite Bekanntheit erfuhr Frank Becker durch eine Vielzahl von WDR-Fernsehberichten über die Sammlung und 2011 durch die Verleihung der NRW-Ehrenpreises „Der Dank“ durch die Landesregierung des Landes Nordrhein-Westfalen anlässlich einer Feierstunde im vergangenen Jahr in der Bundeskunsthalle in Bonn.

"Studio am Mauseteich"                                                              Treffpunkt für Politik, Kultur und Wirtschaft

Studio am Mauseteich

Seit August 2002 produziert und moderiert Frank Becker eine eigene monatliche Rundfunksendung FUNKJOURNAL im hauseigenen „Studio am Mauseteich“, in dem er bereits über 230 Folgen des von ihm benannten „Funkjournals“ (Stand. Sep. 2021) mit bekannten Menschen unterer Zeit hergestellt hat, so waren z.B.


Dr. August Oetker, Richard Oetker, Gerd Seidensticker, Schulministerin Barbara Sommer, Arbeitsminister Guntram Schneider, Regierungspräsidentin Thomann-Stahl, „Gerry“ Weber, Ilse Werner, Oberbürgermeister der Stadt Bielefeld (Klaus Schwickert, Eberhard David, Pit Clausen), Fernsehmoderator Hans-Hermann Gockel, sowie über hundert weitere bekannte Persönlichkeiten aus Politik, Kultur und Wirtschaft war zu Gast in seinem Studio, die den sehr persönlichen Interviewstil seiner Sendung schätzen gelernt haben.

Auch wird er als Fachreferent vom Westdeutschen Rundfunk (WDR) zu diversen Thema der filmischen Darstellung und Produktion befragt, sowie mit der Durchführung von WDR-Ausstellungen im Bielefelder Funkhaus beauftragt.

Die Kompetenz Beckers wird auch dadurch unterstrichen, dass der WDR nicht mehr aktuelle technische Anlagen seinem Archiv zur Verfügung stellt, so wie den analoge Rundfunk-Sendetechnik des Landesstudios Bielefeld, incl. Bandbestand und Leuchtreklame.

 

Das Schallarchiv gilt als kulturelle Medien-Schatzkammer

Ein weiterer Aspekt ist die fachkundige Lagerung und Nutzung von Audio-Material. In einer Abteilung befinden sich die Originalbänder diverser Rundfunkanstalten und Organisationen. Da bei der Vielzahl noch nicht alle Tonträger erfasst werden konnten, werden beispielhaft folgende Bestände genannt:

 

12.100 Langspielplatten (entspricht ca. 1/3 des Bestandes)

1.222 Schellack-Schallplatten (entspricht ca. 1/3 des Bestandes)

11.500 Rundfunk-Sendebänder/Rundfunk-Mitschnitte

2.000 Compact-Discs (CD)

 

dazu:

-       Bestand der „Kirchlichen Rundfunkzentrale“, Bethel (814 Tonträger)

-       Bestand der „Evang. Rundfunkdienstes“, Berlin (1.892 Tonträger)

-       Bestand des „Evang. Kirchentages“, Fulda (ca. 20.000 Tonträger)

-       Bestand des „Evang. Presseverbandes“, Bielefeld (1.000 Tonträger)

-       Bestand NRW-Radio (Christl. Sendungen)

-       Bestand weiterer Organisationen (ca. 1.000 Tonträger)

      

Zur technischen Bearbeitung dieser Bestände stehen ca. 15 funktionierende ARD + ZDF-Bandmaschinen (Telefunken  M5, M15, M15a, M20, M21) und 2 EMT-Plattenspieler des höchsten Standards zur Verfügung, sowie ein weiterer Mischpult-Arbeitsplatz, der von 1972 bis 1990 für die Produktion der internationalen Sendungen von „Trans World Radio“, Monte Carlo der Radiomission genutzt wurde.

 

Die Archivmaterialien werden mit eigenem Maschinenpark gepflegt und auf den heutigen Sendestandard verarbeitet und Rundfunkanstalten, sowie für wissenschaftliche Zwecke digitalisiert.

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2001: Frank Becker wurde zum „Archivpfleger für audiovisuelle Medien im Bereich der Evangelischen Kirche“ ehrenamtlich bestellt und nimmt diese Tätigkeit unter der Fachaufsicht des Landeskirchlichen Archiv der Evangelischen Kirche von Westfalen, Bielefeld, wahr.

 

2011: Kultureller Ehrenpreis "Der Dank" des Landes Nordrhein-Westfalen.

 

2012: Ehrung des Stadtbezirks Brackwede mit Überreichung des Leinewebers in Porzellan durch Bezirksbürgermeisterin Regina Kopp-Herr

2012: Ehrung des Stadtbezirks Brackwede